Es gibt
Tage, an denen Wünsche ich mir, einfach in den Arm genommen zu werden. Aber ich
bin nicht in der Lage, meinem Mann zu sagen, „nimm mich bitte mal in den Arm
und halt mich fest“. Diese Umarmungen wären mir nicht unangenehm, aber die
Angst, das er fragen könnte, warum ich gerade jetzt in den Arm benommen werden
möchte, diese Frage macht mir Angst, weil ich in diesem Moment keine Antwort
darauf hätte. Also spreche ich es nicht aus und warte auf den Moment, wenn ihm
danach ist. Zum Glück kennt er mich gut genug und weiß, das er dies nicht
einfach so spontan machen kann/darf. Überraschende und völlig unvorbereitete
Umarmungen lösen in mir eine Art Panik aus. Ich kann es nicht anders
beschreiben. Das ist auch ein Grund, warum ich meine Umarmungen bei meinem
autistischen Sohn immer vorher ankündige. Darin sind wir uns sehr ähnlich. Er
lässt eine Umarmung meinerseits schon sehr oft zu, aber ansonsten darf ihn
niemand umarmen.
Wenn wir
früher Besuch bekommen haben und man mich zur Begrüßung umarmen wollte, empfand
ich dieses jedes Mal als sehr unangenehm. Aber da es alle machten, versuchte
ich diese kurzen Momente zu überstehen. Heute ist es so, dass viele in unserem
Freundes- und Bekanntenkreis wissen, dass ich diese Art von herzlicher Begrüßung/Verabschiedung
nicht unbedingt mag und sie respektieren es auch. Dennoch gibt es gewisse
Menschen, bei denen ist mir diese Art von Begrüßung/Verabschiedung überhaupt
nicht unangenehm. Da gehe ich auf schon von allein drauf zu und begrüße sie mit
einer herzlichen Umarmung. Nicht, das mir einige von ihnen vielleicht weniger
und die anderen mehr sympatisch sind, es ist in diesem Moment auch für mich ein
inneres Bedürfnis zu zeigen, das ich mich freue, diese Menschen zu sehen. In
diesen seltenen Momenten kann ich meine Gefühle ganz offen zeigen, sie sind ehrlich
und kommen von Herzen. Warum ich da so Unterschiede machen, kann ich nicht
sagen, da ich unsere wenigen Freunde total gerne mag und dennoch gibt es diese,
bei denen ich es nicht wirklich kann und die anderen, bei denen es mir
überhaupt nicht schwer fällt.
Als Kind
hatte ich auch diese Gefühlswankungen, wenn ich nicht wusste, wie ich mich zu
verhalten hatte. Zum Beispiel an meinen Geburtstagen oder zu Weihnachten, wenn
es Geschenke gab. Zum Glück gab es früher bei uns nicht so viel, somit blieb es
mir erspart, viele Geschenke auszupacken. Denn auch das machte mir irgendwie
Angst, wusste ich doch nicht, was sich hinter diesem Geschenk verbirgt und ob
ich mich nun wirklich freue oder man mir ansehen würde, das ich darüber
vielleicht enttäuscht bin. Glücklich war ich an einem Weihnachten, ich war so
ca. 5 Jahre alt, da bekam ich eine Puppenkarre und eine neue Puppe. Am meisten
habe ich mich gefreut, dass diese Geschenke nicht eingepackt waren, sondern direkt
vor dem Weihnachtsbaum standen. So musste ich nicht erst wieder lange an dem
Papier zerren, um etwas auszupacken. Wirklich gespielt habe ich damit nicht,
aber mir wurde die Angst vor einem nicht „sichtbaren“ Geschenk genommen.
Während
meiner ersten Schwangerschaft hatte ich auch immer so merkwürdige Gedanken.
Immer wieder fragte ich mich, wie es wohl sein würde, wenn das Kind erst einmal
da ist. Würde ich es lieben können, so von ganzem Herzen oder ist da immer ein
Teil in mir, das dieses Kind vielleicht auch ablehnt? Ich habe mich von dem
Vater des Kindes im 5. Monat der Schwangerschaft getrennt und das aus einem
Grund, wenn ich heute dran denke, muss ich herzhaft darüber lachen. Damals war
mir nicht zum Lachen zu Mute. Die ersten Schwangerschaftswochen hatte ich
dieses typische Unwohlsein und wenn dann mein damaliger Freund von der Arbeit
nach Hause kam, musste ich mich sofort übergeben. Er arbeitete damals auf einem
Stahlwerk und roch dermaßen nach Schwefel, dass mir richtig schlecht wurde. Ich
habe es eine lange Zeit ertragen und dann ging es nicht mehr. Ich trennte mich
von ihm mit den Worten:“ Ich kann dich einfach nicht mehr riechen“ – Ich habe
dieses Sprichwort wörtlich genommen und muss heute immer noch lachen. Denn es
waren ja eigentlich nur meine Schwangerschaftshormone, die da übel mitgespielt
haben, aber ich wusste in diesem Moment, was man immer damit meinte, wenn
jemand sagte „ich kann nicht riechen“ J Natürlich war ich nie wirklich
traurig über meinen Entschluss dieser Trennung, aber dieser Trennungsgrund –
ich könnte schon wieder anfangen zu lachen.
Als man mir
kurz nach der Entbindung meinen Sohn in den Arm legte, waren diese Gedanken
wieder da. Kann ich dieses Kind lieben? Er lag in meinem Arm und schlief ganz
seelig und ich wusste nicht, ob dies nun mein Glück oder mein Unglück war. Aber
es dauerte gar nicht lange, da kannte ich die Antwort und schämte mich schon wieder
über meine düsteren Gedanken. Nachdem man mir das Kind dann zum ersten Mal zum
anlegen an die Brust legte, überkam mich sofort ein sehr glückliches und
stolzes Muttergefühl. Mir liefen einfach nur so die Tränen, da ich dieses Glück
kaum fassen konnte. In diesem Moment wusste ich, das ich dieses Kind lieben
würde, mehr als alles andere auf der Welt und so ist es bis heute geblieben.
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