Samstag, 25. Mai 2013

Ein wichtiges Telefonat


Es gibt viele Hürden in meinem Leben, die scheinbar für die meisten Menschen etwas Selbstverständliches ist. Eines von diesen für mich schwer zu überwindenden Hürden ist das Telefonieren. Zumindest, wenn ich meinen Gesprächspartner nicht kenne und ich auch noch anrufen muss. Werde ich angerufen, so habe ich damit weniger Probleme. Zum einen, weil der Teilnehmer am anderen Ende das Gespräch beginnen muss und ich mich noch schnell etwas ordnen kann, bevor ich antworte. Zum anderen will der Anrufer etwas von mir und nicht umgekehrt. Muss ich irgendwo anrufen und ich kenne meinen Gesprächspartner nicht, so mache ich mir tausende von Gedanken im Vorfeld. Angefangen mit den Gedanken, das ich mich erst einmal erklären muss, d.h. nicht nur meinen Namen nennen, was ja nicht wirklich schwierig ist, aber der Gesprächspartner am anderen Ende mit meinem Namen allein ja nichts anfangen kann und weitere Erklärungen meinerseits folgen müssen. Das allein reicht aus, um eine innere Unruhe in mir aufkommen zu lassen. Erst heute hatte ich wieder eines dieser für mich im Vorfeld schwierigen Gespräche. Aber es war wichtig und ich habe mich schon seit Tagen damit verrückt gemacht. Eigentlich ist es überhaupt nicht schlimm, was ich nach jedem Gespräch immer wieder feststellen muss, aber ich schaffe es nicht, mit einer ungezwungenen Leichtigkeit ein Telefonat zu führen. Mit Freunden ja, das fällt mir nicht schwer, aber da muss ich mich ja auch nicht erklären, warum ich anrufe bzw. wer ich bin und was mein derzeitiges Anliegen bezüglich dieses Telefonates ist. Meistens mache ich es schon so, das ich im Vorfeld eine Email schicke, um so einem Telefongespräch aus dem Wege zu gehen bzw. der Emailempfänger dann zurückruft, da es für ihn einfacher und unkomplizierter ist, als eine Email zurückzuschicken. So kann ich viele Gespräche, in denen ich der Anrufer bin, aus dem Wege gehen und es hat mir auch schon gut weitergeholfen. Es geht halt nicht immer, aber es Erleichtert mir die Kommunikation schon ungemein. Ganz schlimm ist es, wenn ich mich endlich durchgerungen habe, dieses Gespräch nun zu führen, nach all meiner dafür notwendigen Vorbereitungszeit und es dann passiert, das der Teilnehmer am anderen Ende nicht abnimmt bzw. ein Besetztzeichen zu hören ist. Danach kann ich nicht sofort wieder anrufen, sondern benötige wieder eine gewisse Anlauf- und Vorbereitungszeit. Das www. ist für Autisten bzw. Verdachtsautisten wirklich ein enormer Fortschritt in Richtung Kommunikation. Dies stelle ich immer wieder aufs Neue fest, wenn ich wieder einmal ein für mich schwieriges Telefonat führen muss.  Es hätte mir in meiner Kindheit, Jugend und im jungen Erwachsenenalter vieles erleichtert und erspart.
Ich kann wirklich lange telefonieren, solange mich das Gesprächsthema interessiert, muss mich manchmal schon selber bremsen, damit ich nicht zu weit aushole und es in einem Endlos-Telefonat führt, wenn nicht immer dieser Anfang eines Telefonates wäre. Eigentlich ist es auch viel unkompliziertes, als eine Email zu schreiben, da man nicht alles erst lange aufschreiben muss, man erhält sofort eine Antwort und muss nicht ständig sein Postfach aufrufen, um zu schauen, ob eine Nachricht eingegangen ist. Nach jedem Telefonat nehme ich mir vor, es beim nächsten Mal ohne große Vorbereitung im Vorfeld zu erledigen, da ich immer wieder aufs neue bestätigt werde nach einem Gespräch, das es überhaupt nicht schlimm ist und am anderen Ende der Leitung auch nur ein Mensch ist. Warum also dieser unnötige Stress, den ich mir antue, warum also diese unnötigen Gedanken, die sich in meinem Kopf im Vorfeld breit machen? Wahrscheinlich ist es einfach, weil man keine Fehler machen möchte, ich zumindest nicht. Zwar kann ich mit Kritik gut umgehen, so lange sie gerechtfertigt ist, aber Fehler, die durch eine dumme Flüchtigkeit hervorgerufen werden, nein, dem möchte ich einfach Vorbeugen. Also muss auch ein Telefonat, das ich führen muss, gut durchdacht sein, damit während des Gespräches keine unnötigen langen Lücken auftauchen. Denn während eines für mich wichtigen Telefonates darf ich auf keinen Fall den Faden verlieren und um dies zu umgehen, liegt während eines Telefonates immer ein Block mit drei Stiften neben mir. Drei Stifte aus dem Grund, falls einer beim schreiben einer wichtigen Notiz seinen Geist aufgibt und ich einen Ersatzstift habe. Der dritte Stift ist wiederum der Ersatzstift des zweiten Stiftes, falls dieser ebenfalls seine Dienste aufgibt, während ich mir meine Notizen mache. Früher habe ich über diese Macke von mir immer selbst lachen müssen, heute weiß ich, das es keine Macke ist, sondern einfach eine Besonderheit, die mir hilft, besser mit der gerade für mich schwierigen Situation klar zu kommen. Und von diesen für mich schwierigen Situationen gibt es halt noch so einige, die mein Leben lange erschwert haben, es teilweise auch immer noch tun, ich aber mit der Zeit gelernt habe, wie ich am besten mit solchen Hürden/Situationen umgehen muss, damit sie für mich durchführbar sind.