Eigentlich
müsste ich in den nächsten Tagen mal wieder zum Friseur. Aber ich schiebe es
irgendwie immer wieder hinaus. Es gibt gewissen Dinge beim Friseurbesuch, die in
mir absolutes Unbehagen hervorrufen. Zum einen dieser Smalltalk.
Wenn es
nach mir geht, ist das Gespräch in dem Moment beendet, wenn ich der Friseuse
gesagt habe, was sie mir für eine Frisur verpassen soll. Aber nein, die
Friseusen müssen ja immer bei ihrer Arbeit reden. Wahrscheinlich aus reiner
Höflichkeit dem Kunden gegenüber. Ich wiederum finde es unhöflich, wenn ich ihr
mitteilen würde, dass ich an einem Gespräch nicht interessiert bin. Also
antworte ich nur, wenn ich etwas gefragt werde. Meistens hören diese Gespräche
dann nach kurzer Zeit auf und sie widmet sich ganz meinem Haarschnitt. Dann
kommt schon wieder mein schlechtes Gewissen zum Vorschein und die Friseuse tut
mir etwas leid, da ihre Kolleginnen sich angeregt mit ihrer Kundschaft
unterhalten und meine „Auserwählte“ eine sehr wortkarge Arbeit ausführen muss.
Also beginne ich wieder zu überlegen, was ich so an alltägliches unnützes Zeug
von mir geben könnte. So vergeht meist die ganze Zeit, ohne das mir auch nur
ein Wort von den Lippen kommt. Um mein schlechtes Gewissen dann etwas zu
erleichtert, gibt es immer etwas Trinkgeld dazu. So hoffe ich immer, das ich
einen nicht ganz schlechten Eindruck hinterlasse und beim nächsten Mal auch
wieder freundlich bedient werde.
Dann ist
noch dieser Blickkontakt, dem man ausgesetzt ist, wenn man vor einem dieser
Spiegel sitzt. In diesem Moment bin ich fast gezwungen, mir in die Augen zu
schauen. Am liebsten würde ich meine Augen während dieser ganzen Prozedur
schließen, aber dann mache ich mir wieder Gedanken, was wohl die Friseuse
gerade denkt, wenn ich jetzt einfach meine Augen schließe. Damit ich so schnell
als möglich immer wieder aus dem Friseursalon rauskomme, lasse ich mir die
Haare nur schneiden. Aber gelegentlich lasse ich sie mir auch tönen, und dann
ist es eine endlose Qual für mich. Ich finde den Besuch beim Friseur noch
schlimmer, als die Arztbesuche, wenn man unendlich lange im Wartezimmer sitzen
muss. Beim Friseursalon sind es aber wohl hauptsächlich diese Zigtausende von
Spiegeln, die man dort ausgesetzt ist. Immer und überall, egal wie man geht und
steht, sieht man irgendwelche Gesichter und macht sich wieder unnötige
Gedanken.
Zuhause
habe ich Spiegel nur dort, wo sie unbedingt nötig sind. Also in den Bädern und
im Schlafzimmer am Schrank. Diesen großen Spiegel am Schrank benötige ich, da
ich bei der Anprobe immer sehr unsicher bin, ob ich dieses oder jenes auch
ruhig tragen kann und so muss der Spiegel mir immer die Antwort darauf geben. Ansonsten findet dieser
Spiegel bei mir kaum Beachtung, er dient mir einfach nur zur Sicherheit, damit
ich mich von Kopf bis Fuß komplett eingekleidet sehen kann. Sonst würde ich
total unsicher das Haus verlassen, einfach aus Angst, dass ein Kleidungsstück
nicht richtig sitzt oder die zusammengestellte Kombination nicht wirklich
zusammenpasst. Es kommt auch vor, dass ich zwei bis dreimal hintereinander
kontrolliere, ob auch wirklich noch alles richtig sitzt bzw. ich auch wirklich
so gekleidet bin, das ich mich damit auch zeigen kann. Das hat keineswegs etwas
mit Eitelkeit zu tun, denn das bin ich ganz und gar nicht. Es ist einfach diese
Unsicherheit. Aufgrund meiner ganzen Eigenschaften fehlt es mir einfach an
gewissen Stellen an Selbstbewusstsein und dann möchte ich wenigstens in einigen
Punkten rein äußerlich wenigstens nicht auch noch für unnötigen Gesprächsstoff
sorgen.
Auch beim
Autofahren empfinde ich den Rückspiegel als äußerst unangenehm, wenn ich hinten
im Auto sitze. Ich habe dann ständig das Gefühl, das ich vom Fahrer beobachtet
werde. Natürlich konzentriert dieser sich dabei auf den Straßenverkehr und dazu
gehört natürlich auch der Blick in den Rückspiegel, aber wenn ich genau in
diesem Moment in diese Richtung schaue und den Blick des Fahrers bemerke, fühle
ich mich auf irgendeine Art und Weise ertappt, obwohl ich ja gar nichts gemacht
habe. Am schlimmsten ist dies natürlich, wenn es sich dabei um einen Fahrer
handelt, den man nicht wirklich gut kennt, z.B. Taxifahrer oder ein Partner
eines guten Freundes, mit dem man nicht so häufig zusammentrifft. Bei meinem
Mann bzw. guten Freunden stört mich dies weniger, wahrscheinlich, weil ich dann
auch den Blick nicht so häufig in Richtung dieses Spiegels habe.
Wahrscheinlich
ist der Spiegel auch einer der Gründe, warum ich mich nur relativ selten
schminke. Ich kann es einfach nicht so lange ertragen, dem Blick des Spiegels
standzuhalten und beim Schminken brauch man nun mal eine gewisse Zeit. Aber hin
und wieder muss ich mich dann auch dazu überwinden. Aber ich würde mich nie
freiwillig dieser täglichen Prozedur aussetzen. Von daher nur, wenn es wirklich
sein muss.
Ich werde
mich wohl nie mit einem Spiegel anfreunden können, aber zum Glück muss ich das
auch nicht…
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