Wie oft habe ich anderen schon gesagt, du musst auch mal „Nein“
sagen können. Denk auch mal an dich.
Aber wie oft stehe ich selbst vor diesem inneren turbulenten
Konflikt mit dem gedanklichen Nein und ausgesprochen wird immer wieder dieses
JA!
Seit meiner Diagnose führe ich ein „Das-hast-du-gut-gemacht“-Heft.
In diesem Heft schreibe ich mit Datum alle Dinge rein, die ich bewältigt habe,
obwohl sie mir nicht leicht gefallen sind. So habe ich z.B. beim Einkaufen
eine Verkäuferin angesprochen, da ich ein bestimmtes Produkt nicht gefunden
habe (wäre mir früher im Traum nicht eingefallen) oder ich habe den Geburtstag
meines Sohnes allein mit 5 Kindern in einer mir vollkommen fremden Umgebung
verbracht (in den Jahren davor hatte ich immer Unterstützung dabei).
Ich trage dieses Heft immer bei mir, damit ich in für mich
schwierigen Situationen daran denke, das ich wieder etwas neues eintragen kann,
wenn mir etwas „unüberwindbares“ im Wege steht. Nur der Gedanke an diesem Heft
hat mir schon sehr viel Mut gemacht auch mal etwas für mich Neues
auszuprobieren. So nun auch das Wort „Nein“. Selbstverständlich musste mein
Mann für mein offenes Nein als erstes herhalten, aber es ist mir gelungen, es
auszusprechen und auch zu begründen. Mein Mann wollte am Wochenende mit seinem
Freund gemeinsam ein Bundesligaspiel schauen und damit kein schlechtes Gewissen
den Frauen gegenüber hochkommt, glaubten die beiden Männer, sie könnten uns mit
einem Essen friedlich stimmen und während der Fußballzeit sollte ich mit der
Frau die Zeit verbringen. Da ich selbst auch gerne Fußball schaue, wäre dies
alles kein Problem für mich gewesen. Zum einen kenne und mag ich diese Frau und
zum anderen sind ja auch noch die Männer dabei und drittens, es wäre bei uns zu
Hause gewesen. Also wäre dies alles für mich in Ordnung und ich habe dieser
Idee zugestimmt. Aber da mein Mann ja sehr spontan ist und er kurzfristig noch
zwei Karten für das Spiel erhalten hat, wollte er nun mit seinem Freund die
Fahrt auf sich nehmen und das Spiel Live im Stadion sehen. In meiner
Abwesenheit hat er seinen Freund von den Karten telefonisch in Kenntnis gesetzt
und gleichzeitig gemeint, die Frauen können ja die Zeit gemeinsam verbringen.
Himmel Herrgott, das wären mit Hin- und Rückfahrt zum Stadion und der Spielzeit
gute 7 Stunden gewesen, die ich mit der Frau des besten Freundes meines Mannes
verbringen müsste. Innerlich stieg schon wieder Panik in mir auf, was sollte
ich denn 7 Stunden machen? Wir haben nicht wirklich gemeinsame Interessen bzw.
Gesprächsthemen, die mich 7 Stunden überstehen lassen würden. Aber genau in
diesem Moment, als mein Mann mir von seiner doch so tollen Idee berichtet hat,
haben ich laut gemeint: „Nein – auf gar keinen Fall“. Ich habe ihm mitgeteilt,
warum und wieso dies auf keinen Fall geht und dass ich nicht möchte, das er
meine Freizeit einfach so verplant. Er war ganz erstaunt darüber, zeigte jedoch
Verständnis und ich bat ihm, sich etwas einfallen zu lassen, was er nun der
Frau seines Freundes erzählt, warum ich nicht bereit bin, diese geschätzten 7
Stunden mit ihr zu verbringen.
Ich war und bin immer noch stolz wie Bolle, das ich es
geschafft habe, einfach mal „Nein“ zu sagen. Natürlich hätte ich mich nicht
auch noch rechtfertigen müssen für dieses Nein, aber ich wollte meinem Mann
natürlich auch die Gründe dafür mitteilen, vor allem, damit er in Zukunft nicht
einfach über mich hinweg entscheidet.
Nun bin ich gespannt, ob es beim nächsten Mal auch so „einfach“
klappt, das ich dieses Wort so schnell wieder raus bringe. Der Anfang ist getan
und nun schauen wir mal…