Montag, 24. November 2014

Verrückte Gefühlswelt - Fachtagung in Twistringen



Am 21.11.2014 fand in Twistringen eine Fachtagung zum Thema „Autismus im Alltag – Probleme und Hürden“ statt.
Ich war ebenfalls vor Ort und muss nun,  3 Tage danach feststellen, dass der Titel dieser Fachtagung genau mein Inneres getroffen hat.
Dieses Schulwanderprojekt, organisiert von der SHG Leben mit Autismus Diepholz/Vechta, welches unter dem Motto „Ich – einfach anders 2014“ gestartet ist, hat das Thema nicht verfehlt, war bestens organisiert und schreit nach Wiederholung, aber darüber möchte ich nun gar nicht schreiben. Sondern über das, was mir gerade durch den Kopf geht, obwohl meine Gedanken schon wieder Karussell spielen. Also zurück zum Thema dieser Fachtagung:
Autismus im Alltag – dieses kriege ich ziemlich gut geregelt, also meinen Autismus im Alltag und auch den von meinem Sohn. Es läuft, mal gut, mal weniger gut, aber es läuft. Probleme und Hürden habe ich immer versucht zu bewältigen und zu überwinden, immer mit gewissen Zielen vor Augen. Nun ist es gerade anders. Ich finde nicht in meinen Alltag zurück. Meine Emotionen spielen verrückt. Ich habe kein komplettes Bild von diesem Tag im Kopf, sondern viele zerstreute Puzzleteile, die ich nun gerade wieder versuche zu sortieren und wieder Stück für Stück zusammensetze. Wobei es nicht um die Vorträge geht, diese haben  mich stark berührt, zumindest die, welche bei mir „ankamen“. Es geht einfach um meine Gefühlswelt, um mein Inneres. Ich fange an zu zittern, sobald ich an diesen Tag denke und ich denke gerade sehr viel an diesen Tag. Ich bin ohne große Erwartung hingefahren, eher mit einem mulmigen Gefühl, kannte ich ja nur zwei Menschen persönlich, die ebenfalls dort vor Ort waren, andere kannte ich aus dem sozialen Netzwerk, aber genau hier begann meine Nervosität. Wird mich jemand von diesen virtuellen Freunden ansprechen oder überhaupt beachten? Wie wirke ich auf diese Menschen? Fragen, die meinen Puls auf der Hinfahrt schon stark anschwellen ließ. Kaum angekommen war alles weg. Nach und nach trudelten alle ein und ich spürte keine Angst, sondern eine innige Vertrautheit, Verständnis und vor allem wahre Freundschaft. Nicht einen Moment ist mir dieser Gedanke gekommen, einsam unter vielen zu sein. Ich gehörte dazu, ich fühlte mich wohl. Es wurde als selbstverständlich hingenommen, wenn man während eines Gespräches sich einfach umdrehte und ging, da man mal wieder etwas „Luft“ benötigte. Auch wenn dieser Tag sehr sehr anstrengend war und ich froh war, als ich wieder in meiner gewohnten Umgebung war, so fangen nun meine Gedanken an, alles Revue passieren zu lassen, Dinge zu tun, zu denen ich an diesem Tage gar nicht in der Lage war bzw. nie auf den Gedanken gekommen wäre, aber ich habe gerade ein ganz starkes Gefühl, diese Freunde, die ich dort persönlich kennen lernen durfte, einfach in den Arm zu nehmen. Gefühle, die ich so gar nicht kenne. Besonders stark kommen diese Gefühle hoch, wenn ich im sozialen Netzwerk lesen muss, das es den anderen wohl so ähnlich geht.
Ich werde wohl noch Tage brauchen, um meinen Alltag wieder zu finden, aber diesmal bin ich auch gar nicht so böse drum, denn ich habe positive Gedanken an ganz liebe Freunde und wünsche mir ganz schnell ein Wiedersehen.
Es war ein unvergesslicher Tag, der mir wieder gezeigt hat, dass wir Autisten sehr Wohl Gefühle haben und diese auch zeigen können, leider nicht immer sofort an Ort und Stelle, aber sie sind da und diesmal sogar sehr sehr stark.

Ich danke Euch für diesen tollen Tag und für die Freundschaft.