Mittwoch, 24. September 2014

Happy birthday

Mein lieber Sohn,

du bist mir gerade so nah und dennoch so fern.
Auch wenn du diese Zeilen wohl nie lesen wirst, muss ich sie schreiben, damit ich persönlich etwas zur Ruhe komme. Denn auch für mich ist dies eine ganz neue Situation und hierfür habe ich keinen Plan. Der heutige Tag verläuft für mich vollkommen planlos. Aber das soll nicht die Freude auf deinen Ehrentag trüben, lass es dir einfach gut gehen und genieße diesen Tag, den deine Klassenlehrerin und deine Schulkameraden nur für dich so geplant haben.
Heute feierst du deinen 10. Geburtstag ohne uns. Darüber sind wir etwas traurig, aber gleichzeitig auch mächtig stolz, wie du das gerade alles meisterst.

Trotz aller Ungewissheit vor deiner ersten Klassenfahrt, der Unterkunft, der ersten Trennung von uns und den Verzicht auf einen Geburtstag, wie du ihn gewohnt bist im Kreise deiner Familie, bist du auf eine Reise gegangen, die dir mehr Angst als Vorfreude bereitet hat. Aber du hast es geschafft.
Du bist in den Bus gestiegen, hast nun schon die zweite Nacht hinter dir und sicherlich haben dir schon die ersten Klassenkameraden zum Geburtstag gratuliert.
Mama und Papa denken heute ganz besonders an dich. Wir vermissen dich, nicht nur heute. Aber es fällt uns unsagbar schwer, dir heute nicht persönlich gratulieren zu können/dürfen.

Wir wünschen dir heute einen ganz besonders schönen Tag. In Gedanken sind wir ganz nah bei dir und freuen uns für dich.

Bleib so wie du bist und sei einfach du selbst.

Auch wenn du es nicht besonders gerne magst, aber in Gedanken drücken wir dich gerade ganz fest.

Wir freuen uns schon auf deine Rückkehr und dann werden wir deinen Geburtstag noch einmal ganz besonders feiern.
 Auch dein Bruder versucht es möglich zu machen, damit er bei deiner Rückkehr zu Besuch vorbei kommt.

In Liebe
Mama und Papa


Samstag, 20. September 2014

Besondere Worte

„Ich liebe dich“ oder „Ich hab dich lieb“ – Wie oft werden diese Worte ausgesprochen und entgegengenommen, ohne das man das besondere daran hört, bemerkt oder „sieht“?
Ich kann diese Frage nicht beantworten, denn ich gehöre zu den Menschen, die diese Worte sehr selten über die Lippen bringen. Nicht, weil ich nicht lieben kann oder geliebt werde, sondern weil ich nicht fähig bin, diese Wörter im richtigen Moment auszusprechen bzw. in der richtigen Tonlage. Bei mir käme ein „Ich hab dich lieb“ wahrscheinlich genau so emotionsvoll rüber wie „Ich habe Hunger“ oder „Ich bin müde“.
Ich kann mich an eine Situation erinnern, bei der ich es meinem Mann einmal mitgeteilt habe. Es war noch ziemlich früh am Anfang unserer Beziehung. Ich glaubte, ich müsste es ihm sagen, damit er weiß, wie es in mir gerade ausschaut. Aber ich habe es wohl so trocken gesagt und im gleichen Atemzug mit vielen anderen Sätzen, das er es nicht wirklich wahrgenommen hat. Danach habe ich es nie wieder gesagt. Er fragt mich öfters, ob ich ihn noch lieb habe oder so und ich antworte dann halt kurz und knapp mit einem Ja. Inzwischen hat mein Mann es gelernt und akzeptiert, dass er solche Worte von mir nie zu hören bekommt und ist deswegen nicht böse oder enttäuscht. Wenn er diese Worte zu mir sagt, ist es so, das ich in diesen Momenten schon fast ein schlechtes Gewissen bekomme, da ich es nie so sagen kann. Ich versuche es halt auf meine Art und Weise und es scheint zu funktionieren, denn wir verstehen uns oft auch ohne Worte und das ist mir sehr wichtig.

Mein kleiner Sohn ist mir da sehr ähnlich. Auch von ihm haben wir noch nie ein „Ich hab dich lieb Mama“ oder ähnliches gehört. Seine Art mit uns zu reden ist stark tagesformabhängig. Oftmals hat er einen sehr diktatorischen Ton an sich, selten gibt es ein „Bitte“ oder gar „Danke“. Von außen hört sich das sicherlich sehr gefühlslos an, aber man gewöhnt sich mit der Zeit an vieles, auch an die Art mit uns zu reden. Auch mit Betitelungen unserer Familie gegenüber ist er nicht gerade kleinlich und dann kommt es halt oft auch zu Auseinandersetzungen zwischen mir und meinem Sohn, da er es oftmals ironisch meint, ich Ironie aber nicht immer erkenne und schon eskaliert es zwischen uns.
Während er in der einen Sekunde in einem sehr unwürdigen Ton mit uns spricht, passiert es auch, das er in der nächsten Sekunde mit unwahrscheinlich viel Wärme in der Tonlage uns etwas mitteilt. Es ist bei ihm wirklich extrem scher einzuschätzen, wie bzw. was er dann gerade damit ausdrücken will, da ich die schnell wechselnden Tonlagen einfach nicht auseinander halten kann.
Gestern war wieder so ein Moment. Nun steht die Klassenfahrt bevor und wir bereiten alles vor. Während ich ihn nun frage, was er so mitnehmen möchte und es ihn total langweilt und ich auch eine dementsprechende Antwort erhalte, die mich fast schon wieder in den Wahnsinn treibt (RW), kommt plötzlich ganz unsicher diese Frage von ihm, die mich heute noch innerlich total aufwühlt. Die Kinder sollen/dürfen Briefmarken und eine Liste mit Adressen mitnehmen, damit sie evtl. Ansichtskarten schreiben können. Natürlich erwarten wir dies von unserem Sohn nicht, denn das wäre total untypisch für ihn. Gestern dann die erste Frage: “Soll ich euch eine Karte schreiben?“
ICH: „Darüber würden wir uns sehr freuen. Musst du aber nicht, nur wenn du es wirklich möchtest“.
Sohn: „Was schreibe ich denn dann?“
Ich: „Vielleicht, wie es dir gefällt oder das du gut angekommen bist?“
Sohn: „Kann ich auch schreiben: Ich habe euch ganz doll lieb“

Der Dialog war meinerseits unterbrochen. Diese Worte!!! Mir kamen die Tränen, so habe ich noch nie reagiert bzw. empfunden, wenn mir dies jemand sagt. Mein Sohn hat gerade diese besonderen Worte ausgesprochen, wenn auch nur als Frage, auf die wir von ihm nun seit fast 10 Jahren warten. Er hat es uns ja auch noch nie auf eine andere Art gezeigt, in dem er uns mal in den Arm genommen hat oder einfach nur fest gedrückt hat. Er mag die körperliche Nähe nicht.

Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, antwortete ich endlich mit einem „Das wären die schönsten Zeilen, die du uns schreiben könntest“.
Die Unterhaltung war beendet und er widmete sich wieder anderen Dingen. Auch ich musste meine gerade ausgeführte Tätigkeit unterbrechen und mich erst wieder gedanklich sortieren.
Es war einer der schönsten Momente, die ich nicht in Worte fassen kann.
Ich denke und hoffe aber, dass einige diesen besonderen Moment gerade sehr gut verstehen und nachempfinden können. Es ist etwas Besonderes für uns…





Dienstag, 16. September 2014

Tage wie diese...

Schlaflos……meine Gefühle fahren gerade Berg und Tal mit mir. Absolutes Chaos macht sich in meinen Gedanken breit. Was ist nur gerade los mit mir? Aufregung, Nervosität, Angst, Panik – ich kann es nicht beschreiben. Es ist wohl alles dabei. Selbst das Schreiben bereitet mir gerade große Schwierigkeiten, aber um meinen Kopf, meine Gedanken wieder zu sortieren, muss ich schreiben. Ich muss aufräumen, meine Gedanken sortieren und wieder Ordnung schaffen. Nur wo fange ich an?
Meine Gedankenwelt dreht sich gerade dermaßen schnell, das ich es kaum schaffe, überhaupt einen Gedanken zu Ende zu denken.
Mein Sohn fährt demnächst auf Klassenfahrt. Wahrscheinlich ist jede Mutter nervös und aufgeregt vor der ersten Klassenfahrt. Ich muss an so viel denken und schaffe nichts in ordentliche Bahnen zu lenken. Ich habe mit der Klassenlehrerin die hoffentlich wichtigsten Punkte, die es zu beachten gibt, abgeklärt. Hoffentlich. Nun kenne ich meinen Sohn und weiß, dass er um keinen Preis auffallen möchte. Wenn es ihm dort nicht gefällt, er keinen Rückzugsort findet, wenn er ihn braucht oder ihm seine Rituale fehlen und er nach Hause möchte, in seine gewohnte und vertraute Umgebung, kostet dies nur einen Anruf von ihm bzw. seiner Klassenlehrerin und wir sind sofort da. Aber, dies bedeutet für ihn wieder Erklärungsbedarf seiner Schulkameraden gegenüber. Unser Sohn fühlt sich verpflichtet, es zu erklären, aber es ist ihm auch unangenehm, die Fragen der Kinder zu beantworten. Fragen nach dem Warum bzw. ausgelacht oder belächelt zu werden, weil er nach Hause möchte. Also wird er durchhalten, egal, welche Qualen es für ihn bedeutet. Und dieser Gedanke bereitet mir gerade Qualen. Ich wünsche mir so sehr, das die positiven Erfahrungen auf dieser Fahrt überwiegen und er eine schöne Zeit verleben darf.
Wir haben uns für die Klassenfahrt entschieden, da wir der Meinung sind, das er diese Erfahrungen sammeln muss. Erfahrungen, die wichtig sind und hoffentlich auch positiv. Im Vorfeld haben wir alles mit unserem Sohn abgesprochen, vom Pro und Contra der Klassenfahrt bis zur evtl. vorzeitigen Rückreise, sollte es nicht seinen Erwartungen entsprechen.
Entscheidend war hauptsächlich, das es ein kleiner Abnabelungsprozess ist, da ich seine einzige Bezugsperson bin und eine Trennung ein Lernprozess bedeutet, der in diesem Alter mehr als wichtig ist.
Es ist nicht einfach, unser Sohn hat während der Klassenfahrt Geburtstag und dazu noch der 10. Für uns bedeutet dies, dass wir ihm nicht gratulieren können, denn ein Anruf würde ihn vielleicht aus der Bahn werfen, sofern es ihm dort gefällt. Weiterhin können wir seinen Geburtstag nicht gleich nach Rückkehr feiern, da ich gleich am nächsten Tag eine Tagesreise antreten werde und von früh morgens bis spät nachts außer Haus bin und wir uns erst wieder am Sonntag so richtig sehen und reden können. Eine Vorstellung, die zu meinem Gedankenchaos beiträgt.
Sollte die Klassenfahrt positiv für unseren Sohn verlaufen, dann wäre diese Abwesenheit von mir nicht so tragisch und ich könnte mich gedanklich etwas fangen. Da ich dies aber wohl erst bei der Ankunft nach der Klassenfahrt erfahre, kann ich mich nicht auf meine lange Fahrt konzentrieren. Ich muss 5 Stunden mit dem Zug fahren, um an einen für mich sehr wichtigen Kongress teilzunehmen und zudem allein reisen. Eine Vorstellung, die jetzt schon Panik in mir hervorruft. Aber ich will darauf nicht verzichten und verfluche daher fast schon diese Klassenfahrt, die eigentlich schon viel früher stattfinden sollte, aber aufgrund Erkrankung der Klassenlehrerin um sechs Monate verschoben wurde und ich nun in dieser Zwickmühle zwischen Vorfreude und Angstzuständen schwanke.

Es ist derzeit einfach zu viel für mich. Klassenfahrt, Geburtstag (ohne Kind), Auszug von unserm ältesten Sohn und meine Zugfahrt, von der ich noch nicht weiß, was mich erwartet. Alles innerhalb von 7 Tagen. Wobei es mir überwiegend nur vor dieser Fahrt graut, die Vorstellung am Gleis zu stehen, immer in der Hoffnung, dass ich auch in den richtigen Zug einsteige. Im Zug sitzend immer Gewehr bei Fuß, damit ich auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort umsteige und dann am Ziel den Weg vom Bahnhof zum Ziel finde, ohne öffentliche Verkehrsmittel nutzen zu müssen (mit denen ich mich nicht auskenne). Panik, Angst…..
Auf den Kongress selbst freue ich mich, ich werde einige bekannte Gesichter treffen und auch Menschen kennen lernen, die ich bis dato nur aus Netzwerken kenne, die mir aber schon sehr vertraut sind. Gleichzeitig weiß ich aber auch, das meine Konzentration gleich Null sein wird, da mich die Gedanken auf die Rückfahrt wieder voll in den Bann ziehen und ich vom Tag selber wohl kaum etwas registrieren bzw. wahrnehmen werde. Aber es ist für mich ein wichtiger Tag, ein besonderer Tag, den ich nicht versäumen möchte mit all seinen negativen und hoffentlich überwiegend positiven Erfahrungen.