Montag, 27. April 2015

NT vs. Aspie – Ein Vergleich meiner Kinder


 Vor einigen Tagen sind mir beim Sortieren meiner Unterlagen zwei Ordner in die Hand „gefallen“, welche schon seit Ewigkeiten im Schrank stehen, aber keines Blickes mehr gewürdigt wurden. Es handelte sich um die Ordner meiner Kinder aus Kindergartenzeiten und Beginn der Schulzeit, also gesammelte Werke aus dieser Zeit sowie Notizen meinerseits in gewissen Zeiträumen und Situationen.  Da diese beiden Ordner gemustert sind und so gar nicht zu den anderen einheitlichen Ordner passen, habe ich sie rausgezogen zwecks umsortieren in passende Ordner, damit diese in der Reihe nicht mehr so „rausstechen“.
Während ich den Ordner von meinem ältesten Sohn in die Hand nahm und diesen öffnete, fiel mir sofort eine Notiz „ins Auge“, die gleich oben auf geheftet war. Ich las sie mir durch, schaute wieder auf die Beschriftung des Ordners und wunderte mich gleichzeitig, da die aufgeschriebenen „Merkmale“ doch sehr an meinen jüngeren Sohn erinnerten. Nun zog ich auch den Ordner von meinem autistischen Sohn heraus und verglich beide Kinder anhand meiner Aufzeichnungen. Beide Kinder haben einen Altersunterschied von 14 Jahren, da vergisst man schon einmal einige Kleinigkeiten und diese habe ich nun wieder etwas aufgefrischt. 

Ich war schon sehr erstaunt, wie sich beide Kinder einerseits anhand meiner Notizen, der Beurteilungen der Erzieher und  Lehrer ähnlich waren und andererseits, wie unterschiedlich beide die ersten 10 Jahre dennoch waren.

Beide Kinder besuchten den gleichen Kindergarten, aber es war nicht mein autistischer Sohn, der im ersten Jahr im Kindergarten Auffälligkeiten zeigte, sondern mein neurotypischer Sohn. Dieser fand im ersten Jahr keinen Anschluss zu den anderen Kindern, hatte keine Freunde, weinte ständig und bekam Wutanfälle, wenn ich ihn in den Kindergarten brachte. Mein kleiner Aspie zeigte keinerlei Reaktion, wenn ich ihn im Kindergarten ablieferte, fand schnell Freunde und war mit Freude dabei. Die Auffälligkeiten hatten wir ja überwiegend nur zuhause, da er dort all seine Wut raus lies. Gesprochen haben beide Kinder im Kindergarten sehr wenig. Mein NT-Sohn anfangs nur mit einer Erzieherin, mein Aspie mit seinem besten Freund und einer Erzieherin, ansonsten war er stumm.

Auch in der Grundschulzeit war es mein NT-Sohn, der wesentlich mehr Auffälligkeiten in der Schule zeigte, als unser Aspie. Zwar hat dieser während der Grundschulzeit mehr Freunde gefunden, ist aufgeschlossener geworden, aber er hatte seine Probleme mit den Lehrern, die ihn einfach nicht verstehen wollten. Dies änderte sich auch während der gesamten Schulzeit nicht, so dass wir ständig Briefe aus der Schule erhielten oder uns am runden Tisch wieder fanden.


Ich musste nun gerade feststellen, dass es mein Aspie wesentlich leichter hatte in den ersten 10 Jahren, als mein NT-Sohn. Jetzt mag es daran liegen, dass ich aufgrund der Diagnose gelernt habe, für die Rechte meines Kindes zu kämpfen, über mich hinausgewachsen bin und mich gerade selbst neu finde aufgrund meiner Diagnose und ich all dies früher nicht gesehen habe bzw. mich auch nicht getraut habe, eine andere Meinung als die anderen zu vertreten.  Es macht mich nun einerseits sehr traurig, dass mein NT-Sohn keine Kämpferin zur Mutter hatte und er genau das durchmachen musste, was uns Autisten sehr gerne nachgesagt wird. Er hat sehr viel gelitten unter seinem NT-Wesen. Zum Glück ist mein NT-Sohn heute inzwischen ein junger Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht und sein Leben sehr gut meistert und inzwischen auch nicht mehr unter seinem NT-Leben leiden muss :-)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen