Donnerstag, 12. November 2015

Wieder ein Schritt weiter (Schule Teil II)



Heute hatte ich endlich das lang ersehnte Gespräch in der Schule.
Es war zwar nicht der von mir gewünschte runde Tisch, aber immerhin ein Gespräch mit einer kompetenten Lehrerin, und davon habe ich bis zum heutigen Datum noch nicht viele an der Schule kennen lernen dürfen.

Kurz nachdem ich in ihr Büro ging dachte ich schon „ohje, noch eine von diesen Experten“, denn sie sagte mir gleich „Der Diagnosebericht von B. ist ja bereits 5 Jahre alt, ich dachte erst, den müssen sie aber erst einmal erneuern lassen. Aber dann habe ich mich erkundigt und erfahren, das man Autismus ein Leben lang hat“.
Mein erster Gedanke war Flucht. Ich war nicht bereit, mit einer Dame zu sprechen, die für Integrationskinder und Nachteilsausgleich zuständig ist und keine Ahnung von ihrem Aufgabenbereich hat. Aber zum Glück lenkte sie sofort wieder ein und stellte mir die erste Frage. Meine Antwort war wohl nicht so, wie sie es sich gewünscht hatte, denn sie schlug sich sofort die Hände an den Kopf und sagte nur „das glaub ich jetzt nicht“. Diese Bewegung mit der gleichen Äußerung folgte dann noch weitere fünfmal. Sie glaubte nicht, was ich ihr erzählte, was so in den letzten 8 Wochen seit Schulbeginn alles gelaufen ist bzw. eben nicht gelaufen ist.
Sehr sympathisch wurde sie mir bereits nach ihrem ersten Fluch, als sie dann ihre „pädagogisch wertvollen“ Wörter wegließ und öfters auch mal ein „Schei… - oh sorry“ oder so rüber kam.

Alles in allem kurz zusammengefasst und um nur einige Beispiele hier zu nennen, war ein großes Thema der 6-wöchige Judounterricht, Schwimmen sowie die Klassenfahrt.
Sie verstand die Welt nicht mehr, nachdem ich ihr von unseren ganzen Bemühungen berichtet habe, wie wir versucht haben, mit der Schule bezüglich einzelner Gespräche in Kontakt zu treten und ständig auf taube Ohren und fehlende Rückrufe stießen.

Sie selbst hat von unserem „Fall“ erst in der letzten Woche vor den Herbstferien erfahren und sofort diesen Termin mit mir vereinbart. Nach den Herbstferien war sie eine Woche auf einer Fachtagung und somit ging es leider nicht früher, wofür sie sich immer und immer wieder entschuldigte. Das sie diesen Termin, der für mich eine Ewigkeit gedauert hat (genau 8 Wochen) so dringend gemacht hat, habe ich heute gemerkt, nachdem ich auf den Vertretungsplan der Schule geschaut habe und sie extra für dieses Gespräch zwei Unterrichtsstunden ausfallen ließ.

Zum Ablauf des Judounterrichtes glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen und fragte mehrfach nach, ob unser Sohn wirklich verpflichtet war, trotz Absprache zwischen dem Judolehrer und unserem Therapeuten, das B. barfuß mit machen musste und zudem auch noch die Prüfung absolvieren musste.
Nachdem ich ihr dann die Situation mit dem Schwimmen erwähnte, sagte sie gleich, da wird er natürlich befreit – wir müssen nur schauen, ob er in dieser Zeit in eine andere Klasse geht oder aber in dieser Zeit der sonderpädagogische Teil in Form einer Förderstunde in Frage käme. Gut, das sehe ich ein, da könnten wir mit leben.
Nebenbei erwähnte ich kurz, das es ja schade wäre, das B. nicht an der Klassenfahrt teilnehmen darf, weil er ja aufgrund des Schwimmproblems ausgeschlossen werden soll aus versicherungstechnischen Gründen, war sie wiedermal (und ich weiß nicht, wie oft in dieser kurzen Zeit) ganz erstaunt und meinte sofort“ Man kann doch einen Autisten bzw. ein besonderes Kind, welches gerne mit zur Klassenfahrt möchte, nicht aus solchen Gründen aus der Klassengemeinschaft nehmen. Wer hat denn das gesagt?“ Ich antwortete ihr, das mir dies von Seiten der Klassenlehrerin und auch des Rektors mitgeteilt worden ist. Auch erwähnte ich noch, das es ja auch möglich wäre, das ich mich während der Klassenfahrt in der Nähe aufhalten könnte für den Fall, das die Klasse Schwimmen gehen würde und B. dann ja nicht daran teilnehmen kann/darf/will. Sie fand das eine wunderbare Idee und fragte auch gleich wieder nach, was denn die Klassenlehrerin von dieser Idee halten würde. Noch bevor ich antworten konnte, kam ein „ach ja, sie haben ja nie die Möglichkeit erhalten, mit der KL zu reden“. Auch die Klassenfahrt wird sie noch in dieser Woche mit der KL, dem Rektor und der Sportlehrerin ausdiskutieren und weiterhin die Schwierigkeiten, die sich bei meinem Sohn im Sport noch so ergeben könnten.

Nach ca. 45 Minuten war das Gespräch beendet. Nicht, weil ich kein Gesprächsstoff mehr hatte, sondern weil die gute Frau offen und ehrlich zugeben musste, das sie dies alles erst einmal verdauen müsse, Pläne vorbereiten  und vor allem aber ganz dringend Gespräche mit den Kollegen führen muss.
Wieder entschuldigte sie sich bei mir für das Verhalten, welches mir entgegengebracht wurde und unser Sohn schon in so kurzer Zeit in der neuen Schule alles schlucken musste.

Nächste Woche habe ich bereits den nächsten Termin bei ihr, diesmal gemeinsam mit der Klassenlehrerin und einer Dame, die für den sonderpädagogischen Förderbedarf zuständig ist. Hier werde ich mir aber auf jeden Fall dann Unterstützung mitnehmen müssen, denn die KL wird ein harter Kern.

Den Nachteilsausgleich haben wir kurz angesprochen, dieser kann aber erst nach dem Gespräch nächste Woche genauer erörtert werden. Auf jeden Fall wird es in den nächsten Wochen einige Mehrstunden für die Lehrer geben, in denen mein Sohn aus dem Unterricht herausgenommen wird zwecks Erstellung des Gutachtens. 

Zuhause fiel mir erst ein, das ich vergessen hatte, nach dem Termin für den zugesagten runden Tisch zu fragen (aber vielleicht ist es ja nächste Woche schon ein "halbrunder" Tisch?)

Umgesetzt werden kann der sonderpädagogische Förderbedarf allerdings erst frühestens im Mai 2016, aber das empfinde ich wiederum nicht als so schlimm, da ich immer noch der Meinung bin, das B. nicht wirklich diesen Förderbedarf benötigt, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie es die Schule gerade auslegt. Manchmal hilft schon ein wenig Menschlichkeit, Freundlichkeit, Verständnis, vernünftige und klare Ansagen, bessere Erklärungen und eine gute Umsetzung von positiven Inklusionsgedanken – denn Inklusion beginnt im Kopf.

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