Samstag, 21. November 2015

"Lass es raus"

Ich bin ein Mensch, der mit wenig Schlaf auskommt. Nicht, weil ich diesen nicht brauche oder nie müde bin. Schlaf habe ich immer überbewertet, konnte nie verstehen, warum andere so gerne oder so lange schlafen.

Richtlinien zufolge sollten Kinder je nach Alter ca. 11 Stunden Schlaf bekommen, Heranwachsende bis zu 9 Stunden und ein ein gutes Maß bei Erwachsenen sind ca. 6-8 Stunden Schlaf.
Bei mir sind es ca. 3-4 Stunden Schlaf, aber das schaffe ich nicht einmal in eins durch, sondern mit Wachphasen zwischendurch. Meine bisherige Vermutung lag immer darin, das ich nicht ausgelaugt genug war, habe nicht genug Power in den Tag investiert und müsste meine Zeit zwischen körperlicher und geistiger Anstrengung besser aufteilen, damit auch ich in einen wohlverdienten Schlaf falle.
Wenn ich abends ins Bett gegangen bin, dauerte es auch nicht lange, bis sich meine Augen schlossen und ich eingeschlafen bin. Wurde ich wach, fühlte ich mich ausgeschlafen, schaute auf die Uhr und musste mit Entsetzen feststellen, das ich erst 1-2 Stunden geschlafen habe. Dieser Schlafrhythmus hält bei mir bis zum Morgengrauen an, dann darf/kann ich endlich aufstehen. Die Nacht ist bei mir immer eine Qual, auch wenn ich abends müde und erschöpft bin.

Letztens hatte ich über Facebook PN-Kontakt mit einer Mutter, deren Sohn ebenfalls die Nacht gerne zum Tag macht und mit wenig Schlaf auskommt. Wir haben lange hin und her geschrieben und während dieses Nachrichtenübertragung kamen bei mir immer mehr Gedankengänge zum Vorschein. So hatte ich viele Ähnlichkeiten mit der Schlaflosigkeit ihres Sohnes. Ihr Sohn bekommt nachts ständig Overloads, findet dann nicht mehr in den Schlaf. Tagsüber selten bis gar keine Overloads – wie bei mir. In meinem Kopf gab es ein wildes Gedankenkarussell. Gibt es Zusammenhänge zwischen unserer Schlaflosigkeit und den Overloads? Es hat mir keine Ruhe gelassen und so wählte ich in der vergangenen Nacht einen eher ungewöhnlichen Weg für meine Nachtruhe.

Bevor ich Schlafen ging, versuchte ich mich zu triggern. Ich provozierte ganz bewusst einen Overload bei mir herbei. Da es bestimmte Dinge gibt, die mich sehr leicht triggern lassen, ließ ich es zu, das ich bis zum Äußersten ging und ich konnte es ebenfalls zulassen, das ich meinen Overload „die Tür öffnete“.


In all den Jahren, in denen ich nicht wusste, warum ich so bin, wie ich bin, habe ich gelernt, mich anzupassen. So sehr, das ich erst, wenn ich allein war, es zulassen konnte, meine Wut, Hilflosigkeit, Überforderung oder Ängste raus zu lassen. Mit Familie ist es dann noch schwieriger, diese Tür zu öffnen, denn man möchte es auch nicht zeigen, ich zumindest nicht. Dadurch konnte ich nachts alles raus lassen, wozu ich am Tage nicht in der Lage bin. In der Familie und unter Freunden darf ich Autistin sein und ich lebe seit meiner Diagnose auch gut und offen damit, einfach anders zu sein und das ist auch gut so. Aber meine Overloads sind und bleiben „meine“ Overloads, die möchte ich auf keinen Fall mit anderen Teilen – was nicht immer leicht ist, aber aufgrund meiner Lernfähigkeit zum Anpassen und meiner „egoistischen Phase“, mich bei Bedarf zurückzuziehen, kann ich dieses „steuern“. So habe ich es gestern Abend auch „gesteuert“ und mich triggern lassen. Ich hatte noch vor dem Zubett gehen einen Overload, konnte demzufolge auch sehr schlecht einschlafen, aber als es dann soweit war und ich in den Schlaf gefunden habe…. 8 Stunden Schlaf mit zwei kleinen Unterbrechungen – Wow – Rekordleistung. Nun ist es nicht so wunderbar, wie es sich vielleicht gerade liest, denn ich bin mit starken Kopfschmerzen erwacht, die mich schon den ganzen Tag begleiten, einen Overload bewusst herbeizuführen, gehört auch nicht gerade zu einem Ritual, welches ich mir angewöhnen möchte und jeder, der selbst schon in einem Overload drin war bzw. Kinder hat und ständig erleben muss, wie es ist, der weiß, das dies keiner freiwillig machen möchte. Aber es war ein Experiment und ich werde es heute noch einmal starten. Einfach um zu sehen, ob ich weiter an mir arbeiten muss, damit ich lerne, einen Overload zuzulassen, wenn er raus möchte und es nicht unterbinde, nur weil ich gerade nicht allein bin. Meine Familie wird es verstehen, akzeptieren und hinnehmen. Jetzt muss ich erst einmal verstehen, akzeptieren und hinnehmen, das ich nicht alles in mich hineinfressen darf, sondern es zwischendurch auch mal rauslassen darf.

Donnerstag, 19. November 2015

Der (halbrunde) Tisch – Schulgespräch



In meinem letzten Blogbeitrag habe ich von meinem ersten Schulgespräch geschrieben. Heute war Fortsetzung dieses Gespräches, allerdings in etwas größerer Runde. Von Seiten der Schule waren anwesend Frau B. (Leitung für I-Kinder, Nachteilsausgleich etc.), Frau H. (Klassenlehrerin), Frau W. (zuständig für den sonderpädagogischen Förderbedarf). Da der Termin sehr kurzfristig angesetzt war und es auch „nur“ ein Beratungsgespräch werden sollte, habe ich zur Unterstützung eine gute Freundin und gleichzeitig Ehefrau unseres Therapeuten mitgenommen, die auch in der Praxis ihres Mannes arbeitet und demzufolge sich mit der Materie auch auskennt. Allerdings ohne die Schule von meiner Begleitung vorab in Kenntnis zu setzen.

Das Gespräch ist relativ gut und positiv verlaufen. Zumindest nach jetzigem Stand, habe ich ein gutes Bauchgefühl. Ein Gefühl, welches ich in der Vergangenheit zum Thema Schule noch nicht kannte, zumindest nicht an dieser weitergehenden Schule.
Nach einer kurzen Vorstellung und Einleitung durch Frau B. kamen wir auch schnell auf den Punkt. Dank meiner Begleitung, welche schnell das Wort übernahm und sogleich erklärte, das unser Sohn B. im Grunde genommen keinen sonderpädagogischen Förderbedarf benötigt und dies auch anhand von Fallbeispielen dokumentierte, stimmte Frau B. zu und merkte an, das sie dies unter den geschilderten Umständen ebenso sieht.
Wir wurden uns auch schnell einig, das ein Nachteilsausgleich aufgrund der mündlichen Benotung dringend erforderlich ist und dies auch so schnell als möglich erfolgen sollte. Ich hatte hierzu kurz erwähnt, das B. bereits in einem Fach (Religion) eine 5 erhalten hat mit der Bemerkung der Lehrerin, das er sich nicht am Unterricht beteiligen würde und es wohl so ausschaut, als wenn die Fachlehrer immer noch nicht darüber aufgeklärt wurden, das unser Sohn Autist sei. Die Klassenlehrerin verneinte dies zwar auf Anfrage von Frau B., konnte dies aber niemanden glaubhaft machen. Hier entschied Frau B. dann auch ganz spontan (zu meiner Freude), das die Klassenlehrerin umgehend, und zwar noch in der kommenden Woche eine Fachlehrerkonferenz einberuft, damit sämtliche Fachlehrer, die B. unterrichten, informiert werden.
Der runde Tisch wird auch kurzfristig erfolgen, und zwar noch vor den Winterferien. Frau B. bedankte sich hier auch sofort, das wir dafür dann unseren Therapeuten und Herrn G. (Therapeut für autismusspezifische Förderung) mit zum runden Tisch laden werden, damit diese dann noch einmal genau schildern und erklären können, warum es wichtig ist, auf jeden Autisten speziell einzugehen und inwiefern die Schule dabei eine wichtige Rolle spielen muss.

Das unser Sohn B. vom Schwimmunterricht befreit wird, war für alle Anwesenden ohne Diskussion beschlossene Sache. So wurden Ideen vorgebracht, in welcher Art und Weise dieser Schwimmunterricht genutzt werden kann. Frau B. versucht dies nun mit den Kollegen zu klären und eine für alle Seiten angenehme Lösung vorzutragen.

Im Anschluss und während des einstündigen Gespräches wurden von unserer Seite immer wieder Fallbeispiele zur Veranschaulichung und zum besseren Verständnis vorgebracht und man sah immer wieder erstaunte (aber auch verständliche) Gesichter.
Zum Ende des Gespräches bat mich die Klassenlehrerin dann noch um regelmäßigen Austausch per Email, damit ich ihr mitteilen kann, wenn unser Sohn zuhause Probleme bzw. Vorfälle aus der Schule schildert, damit Frau H. diese evtl. ändert, mindern oder richtig stellen kann. Denn wie schnell es zu Missverständnissen in der Kommunikation mit Autisten und Nts kommen kann, konnten wir aufgrund eines guten aktuellen Beispieles ebenfalls belegen. So ist es mir am Vortrag des Gespräches passiert, als ich von Frau B. Eine Email erhalten habe mit der Uhrzeit des Termins. Ich habe mir die Uhrzeit notiert und gut war es damit für mich. Kurze Zeit nach der erhaltenen Email rief mich die besagte Lehrerin an, um mir mitzuteilen, das sie mir eine Email geschickt hat mit der Terminsbenachrichtigung. Ich teilte ihr mit, das ich von dem Termin Kenntnis genommen habe. Daraufhin sagte sie leicht angesäuert am Telefon, warum ich dann nicht auf die Email geantwortet hätte. Ich sah in dieser Email nur eine Mitteilung, da stand nichts von einer Bestätigung des Termines bzw. Rückantwort. Schließlich hatte ich im ersten Gespräch erwähnt, das ich an diesem besagten Tag Zeit hätte und nur noch auf die Uhrzeit warte. Nach dieser Erklärung musste auch Frau B. lachen und entschuldigte sich gleichzeitig, das sie nicht auf die richtige Satz- bzw. Fragestellung in der Email geachtet hat. Dies wird sie sich für die Zukunft merken und nun auch genau darauf achten, wie sie etwas formuliert :-)

Es war, wie bereits erwähnt, ein sehr nettes, ruhiges und informatives Gespräch, welches ich allerdings ohne Hilfe und Begleitung in dieser Art und mit dem Ergebnis nicht erreicht hätte. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank A.

Ich werde jetzt die nächsten Tage abwarten, ob die Klassenlehrerin mir nun ihre Kontaktdaten zukommen lässt, damit ich sie auch immer auf dem Laufenden halten kann, oder ob dies von ihrer Seite nur eine Höflichkeitsfloskel war.

Ebenfalls hoffe ich, das uns der Termin für den runden Tisch frühzeitig bekannt gegeben wird, damit wir alles notwendige dafür in die Wege leiten können.

Bin aber gerade ganz positiv gestimmt und hoffe, das wir bald wesentlich entspannter und unser Sohn sorgenfreier und mit mehr Freude zur Schule gehen kann.

Der Anfang ist hoffentlich getan….



Donnerstag, 12. November 2015

Wieder ein Schritt weiter (Schule Teil II)



Heute hatte ich endlich das lang ersehnte Gespräch in der Schule.
Es war zwar nicht der von mir gewünschte runde Tisch, aber immerhin ein Gespräch mit einer kompetenten Lehrerin, und davon habe ich bis zum heutigen Datum noch nicht viele an der Schule kennen lernen dürfen.

Kurz nachdem ich in ihr Büro ging dachte ich schon „ohje, noch eine von diesen Experten“, denn sie sagte mir gleich „Der Diagnosebericht von B. ist ja bereits 5 Jahre alt, ich dachte erst, den müssen sie aber erst einmal erneuern lassen. Aber dann habe ich mich erkundigt und erfahren, das man Autismus ein Leben lang hat“.
Mein erster Gedanke war Flucht. Ich war nicht bereit, mit einer Dame zu sprechen, die für Integrationskinder und Nachteilsausgleich zuständig ist und keine Ahnung von ihrem Aufgabenbereich hat. Aber zum Glück lenkte sie sofort wieder ein und stellte mir die erste Frage. Meine Antwort war wohl nicht so, wie sie es sich gewünscht hatte, denn sie schlug sich sofort die Hände an den Kopf und sagte nur „das glaub ich jetzt nicht“. Diese Bewegung mit der gleichen Äußerung folgte dann noch weitere fünfmal. Sie glaubte nicht, was ich ihr erzählte, was so in den letzten 8 Wochen seit Schulbeginn alles gelaufen ist bzw. eben nicht gelaufen ist.
Sehr sympathisch wurde sie mir bereits nach ihrem ersten Fluch, als sie dann ihre „pädagogisch wertvollen“ Wörter wegließ und öfters auch mal ein „Schei… - oh sorry“ oder so rüber kam.

Alles in allem kurz zusammengefasst und um nur einige Beispiele hier zu nennen, war ein großes Thema der 6-wöchige Judounterricht, Schwimmen sowie die Klassenfahrt.
Sie verstand die Welt nicht mehr, nachdem ich ihr von unseren ganzen Bemühungen berichtet habe, wie wir versucht haben, mit der Schule bezüglich einzelner Gespräche in Kontakt zu treten und ständig auf taube Ohren und fehlende Rückrufe stießen.

Sie selbst hat von unserem „Fall“ erst in der letzten Woche vor den Herbstferien erfahren und sofort diesen Termin mit mir vereinbart. Nach den Herbstferien war sie eine Woche auf einer Fachtagung und somit ging es leider nicht früher, wofür sie sich immer und immer wieder entschuldigte. Das sie diesen Termin, der für mich eine Ewigkeit gedauert hat (genau 8 Wochen) so dringend gemacht hat, habe ich heute gemerkt, nachdem ich auf den Vertretungsplan der Schule geschaut habe und sie extra für dieses Gespräch zwei Unterrichtsstunden ausfallen ließ.

Zum Ablauf des Judounterrichtes glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen und fragte mehrfach nach, ob unser Sohn wirklich verpflichtet war, trotz Absprache zwischen dem Judolehrer und unserem Therapeuten, das B. barfuß mit machen musste und zudem auch noch die Prüfung absolvieren musste.
Nachdem ich ihr dann die Situation mit dem Schwimmen erwähnte, sagte sie gleich, da wird er natürlich befreit – wir müssen nur schauen, ob er in dieser Zeit in eine andere Klasse geht oder aber in dieser Zeit der sonderpädagogische Teil in Form einer Förderstunde in Frage käme. Gut, das sehe ich ein, da könnten wir mit leben.
Nebenbei erwähnte ich kurz, das es ja schade wäre, das B. nicht an der Klassenfahrt teilnehmen darf, weil er ja aufgrund des Schwimmproblems ausgeschlossen werden soll aus versicherungstechnischen Gründen, war sie wiedermal (und ich weiß nicht, wie oft in dieser kurzen Zeit) ganz erstaunt und meinte sofort“ Man kann doch einen Autisten bzw. ein besonderes Kind, welches gerne mit zur Klassenfahrt möchte, nicht aus solchen Gründen aus der Klassengemeinschaft nehmen. Wer hat denn das gesagt?“ Ich antwortete ihr, das mir dies von Seiten der Klassenlehrerin und auch des Rektors mitgeteilt worden ist. Auch erwähnte ich noch, das es ja auch möglich wäre, das ich mich während der Klassenfahrt in der Nähe aufhalten könnte für den Fall, das die Klasse Schwimmen gehen würde und B. dann ja nicht daran teilnehmen kann/darf/will. Sie fand das eine wunderbare Idee und fragte auch gleich wieder nach, was denn die Klassenlehrerin von dieser Idee halten würde. Noch bevor ich antworten konnte, kam ein „ach ja, sie haben ja nie die Möglichkeit erhalten, mit der KL zu reden“. Auch die Klassenfahrt wird sie noch in dieser Woche mit der KL, dem Rektor und der Sportlehrerin ausdiskutieren und weiterhin die Schwierigkeiten, die sich bei meinem Sohn im Sport noch so ergeben könnten.

Nach ca. 45 Minuten war das Gespräch beendet. Nicht, weil ich kein Gesprächsstoff mehr hatte, sondern weil die gute Frau offen und ehrlich zugeben musste, das sie dies alles erst einmal verdauen müsse, Pläne vorbereiten  und vor allem aber ganz dringend Gespräche mit den Kollegen führen muss.
Wieder entschuldigte sie sich bei mir für das Verhalten, welches mir entgegengebracht wurde und unser Sohn schon in so kurzer Zeit in der neuen Schule alles schlucken musste.

Nächste Woche habe ich bereits den nächsten Termin bei ihr, diesmal gemeinsam mit der Klassenlehrerin und einer Dame, die für den sonderpädagogischen Förderbedarf zuständig ist. Hier werde ich mir aber auf jeden Fall dann Unterstützung mitnehmen müssen, denn die KL wird ein harter Kern.

Den Nachteilsausgleich haben wir kurz angesprochen, dieser kann aber erst nach dem Gespräch nächste Woche genauer erörtert werden. Auf jeden Fall wird es in den nächsten Wochen einige Mehrstunden für die Lehrer geben, in denen mein Sohn aus dem Unterricht herausgenommen wird zwecks Erstellung des Gutachtens. 

Zuhause fiel mir erst ein, das ich vergessen hatte, nach dem Termin für den zugesagten runden Tisch zu fragen (aber vielleicht ist es ja nächste Woche schon ein "halbrunder" Tisch?)

Umgesetzt werden kann der sonderpädagogische Förderbedarf allerdings erst frühestens im Mai 2016, aber das empfinde ich wiederum nicht als so schlimm, da ich immer noch der Meinung bin, das B. nicht wirklich diesen Förderbedarf benötigt, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie es die Schule gerade auslegt. Manchmal hilft schon ein wenig Menschlichkeit, Freundlichkeit, Verständnis, vernünftige und klare Ansagen, bessere Erklärungen und eine gute Umsetzung von positiven Inklusionsgedanken – denn Inklusion beginnt im Kopf.

Dienstag, 3. November 2015

Der längste Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt…



Wir sind zwar noch nicht einmal in der Mitte des Weges angelangt, können aber mit Stolz behaupten, das wir dem Ziel immer näher kommen und nicht vergessen dürfen, das es auf diesem Weg auch sehr viele Umwege und Umleitungen gab und weiterhin geben wird. Wir lernen aus diesen Erfahrungen.

Bisher verlief die Schulzeit unseres Sohnes B. ohne große Komplikationen. Es gab immer mal wieder Schwierigkeiten, Hürden und Missverständnisse, die uns in der Grundschulzeit begleitet haben, aber im Großen und Ganzen verlief alles relativ „easy“.

Nun gab es den Schulwechsel auf die weiterführende Schule. Wir haben uns für ein Gymnasium entschieden, welches bei uns vor Ort einen sehr guten Ruf in Bezug auf Autisten hat. Bei der Anmeldung gab ich die Diagnose mit an, schrieb auch einige Besonderheiten mit rein. Bei der Übergabe des Anmeldeformulars an der Schule teilte ich der Sekretärin dies auch noch einmal mündlich mit und bat um eine Vermerk für ein Gespräch vor „Einschulung“. Dieses Gespräch erfolgte nicht (bis heute).

Nach der ersten Schulwoche und bereits aufgetretenen Problematiken rief ich in der Schule an und bat um kurzfristigen Rückruf der Klassenlehrerin. Ich rief mehrfach an und kein Rückruf erfolgte. Da die Probleme in der Schule nicht besser wurden, bat ich bei unserem Therapeuten um Unterstützung, welche auch sofort erfolgte. Der Rückruf in der Praxis erfolgte zwar von der Klassenlehrerin, aber die telefonischen Zusagen blieben aus.

Nach 2 ½ Wochen Schule erfolgte der erste Elternabend. Ich ging hin mit einigen Seiten an Notizen, damit ich auch nichts vergesse und mir war es zu diesem Zeitpunkt schon relativ egal, ob die anderen Eltern nun Zeugen meines Frustabbaues werden, Hauptsache, ich konnte endlich mal mein Anliegen, welches wirklich wichtig war und ist, an die Klassenlehrerin weitergeben. Ich hätte es notfalls auch gerne per Mail oder telefonisch gemacht, aber Infos aus der Schule hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch keine und außer den Kontakt über das Sekretariat, hatte ich keine andere Möglichkeit.

Am Elternabend stellten sich die Eltern dann alle nacheinander vor und kurz vor Schluss war ich dann dran. Während all meine Vorredner die Eingewöhnungsphase in der Schule lobten und alles bisher so toll fanden, teilte ich nur kurz meinen Namen mit und wollte mit meiner Aufzählung der Notizen beginnen. Doch schon nach Punkt 1 meiner Liste (fehlende Rückrufe) fiel mir die Klassenlehrerin ins Wort und sagte nur kurz und knapp:“Ich dachte der Rückruf kann schon nicht so eilig sein, als das es bis zum Elternabend warten könne. Nach dem Elternabend habe ich für uns eine Gesprächsrunde eingeplant“ - Nun war ich total baff, fühlte mich sogleich übergangen, da ich keinerlei Infomaterial dabei hatte und schon gar keine Vorbereitungszeit, um mich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Ich fing leicht an zu zittern. Gut, das die Mutter von B. seinem Freund ebenfalls anwesend war und auch einiges anzumerken hatte. Sie unterstützte mich dann auch tatkräftig bei dem Gespräch nach dem Elternabend.
Ganz zu Anfang war die Klassenlehrerin ganz erstaunt, das mein Sohn Autist ist. (Ein Blick in die Schülerakte hätte da schon ausgereicht, um diese Info zu erhalten). Dann der Zusatz:“ Ich hatte im letzten Jahrgang eine Autistin in meiner Klasse, aber der hat man den Autismus angesehen“ - Prima, ich habe Autismus noch nie gesehen und bin immer sehr interessiert, wenn es wieder neue Thesen in Bezug auf Autismus gibt – *Ironie off*
Um es zu verkürzen, die KL war sofort der Meinung, mein Sohn müsste als I-Kind (Integrationskind) in der Schule geführt werden, ein runder Tisch muss anberaumt werden und zwar unmittelbar und sie wollte gleich am nächsten Tag die Kollegen informieren, damit diese eine Kurzinfo von B. erhalten und mit ihren Rügen und Einträgen etwas vorsichtiger sind, bis ein ausführliches Gespräch stattgefunden hat.
Hörte sich alles wunderbar an. Nur auf diese Worte folgten keine Taten.

Ich wartete das Wochenende ab, setzte mich mit unserem Therapeuten in Verbindung und von dem Tag an „nervten“ wir in regelmäßigen Abständen in der Schule mit unseren Anrufen. Eine weitere Woche später war eine Klassenfahrt geplant. Es lief unter Kennenlernfahrt und es war nur eine Übernachtung inbegriffen. Dennoch galt es auch hier, einige Dinge bezüglich unseres Sohnes mit der KL abzuklären. Am Tage der Abfahrt ging die Klassenlehrerin an mir vorbei ohne mir eines Blickes zu würdigen, geschweige denn mal ein „Guten Morgen“ von sich zu geben. Ich kochte fast vor Wut, wusste aber, das unser Sohn diesen einen Tag gut meistern würde und wartete bis zur Abfahrt, ob noch eine kurze Rücksprache erfolgte. Nichts!
Kaum war der Bus aus meinem Blickfeld, ging ich zurück in die Schule mit der Absicht, direkt zum Rektor zu gehen und meinen Unmut vom Stapel zu lassen. Leider kam ich nicht weiter, als bisher. Alle Türen waren verschlossen. Selbst im zuständigen Sekretariat unseres Jahrgangs. Also zum nächsten Sekretariat. Dort hatte ich einen kleinen Teilerfolg – ich fand einen Gesprächspartner, was bisher in dieser Schule für mich schon Seltenheitswert hatte. Mir wurde mal wieder ein Rückruf zugesagt, der wieder ausblieb!!!

Beim Elternabend gab es ja die allseits beliebten Elternvertreterwahlen :-)
Zum Glück ließ sich die Mutter von B. seinem besten Freund zur Wahl aufstellen.
Dies hatte für mich plötzlich einen sehr großen Stellenwert, denn diese Mutter schaffte es ca. 14 Tage später bei der ersten Elternvertreterversammlung, den Rektor der Schule auf unsere Problematik anzusprechen.
Als unser Sohn und auch sein Freund am nächsten Tag aus der Schule kamen, hatten beide wieder mal einen Eintrag im Schülerheft. Dieser Eintrag war noch ungerechtfertigter als alle anderen bisherigen Einträge. Also verabredete ich mich mit der Mutter und inzwischen sehr lieben Freundin und wir gingen gemeinsam zur Schule. Nach einiger gewissen Zeit auf der Suche nach dem richtigen Ansprechpartner, wurden wir fündig und wie es der Zufall will, kam auch gerade der Rektor um die Ecke. Er bestätigte mir ebenfalls noch einmal, das die Angelegenheit nun endlich ins Rollen kommt und wir unmittelbar eine Lösung finden werden.

Mittlerweile standen nun die ersten Ferien vor der Tür. Am letzten Schultag erhielt ich einen Anruf der Schule mit einer Terminsmitteilung für ein Gespräch mit einer mir nicht bekannten Lehrerin. Auf Nachfrage konnte mir nichts gesagt werden, worum es bei diesem Termin geht. Super – nun sind Ferien und ich darf 14 Tage grübeln.

Am ersten Schultag nach den Ferien setzte ich mich sofort mit der Schule in Verbindung, um mit dieser besagten Lehrerin zu sprechen. - In den Ferien hatte ich vergessen, das dies an dieser Schule wirklich nicht so einfach ist *Ironie off*-
Die besagte Lehrerin ist die ganze Woche auf Lehrgang und somit nicht erreichbar. Die Sekretärin konnte mir zumindest mitteilen, das es sich bei der Lehrerin um die Leitung für I-Kinder handelt. Zumindest etwas und eine Zusage für einen Rückruf vor diesem Besprechungstermin habe ich auch mal wieder erhalten.

Fortsetzung folgt, denn nun muss ich hier erst einmal pausieren, da ich heute erst in der Schule angerufen habe und frühestens in 8 Tagen ein Rückruf erhalten werde (die Hoffnung stirbt zuletzt) und der Termin für die Besprechung ja erst in 10 Tagen anberaumt ist. Tolle Vorbereitungszeit die ich da noch habe – aber man will ja nicht undankbar sein, denn die Schule an sich halte ich immer noch für die beste Wahl für unseren Sohn, auch wenn wir derzeit aufgrund der Klassenlehrerin einige schwerwiegende Startschwierigkeiten haben.



Montag, 2. November 2015

Mein derzeitiger Familienalltag / Update

Jetzt ist schon wieder einige Zeit ins Land gezogen und ich komme gar nicht dazu, meinen Blog bzw. meine Leser auf dem Laufenden zu halten.

Unsere Baustellen sind nicht wirklich weniger geworden, in einigen Bereichen haben sie sich reduziert, andere sind größer geworden, aber Zeit zum Jammern habe ich nicht und vor allem keine Lust, denn ich muss die Probleme beim Schopf packen und auf Worte Taten folgen lassen, ansonsten kann sich nichts ändern.


Unser ältester Sohn ist wieder genesen und es läuft wieder richtig gut bei ihm. Zwischenzeitlich hat er sich ein kleines Haus gekauft und ist dort fleissig am sanieren. Am Wochenende erfolgte sein Einzug in das neue Zuhause, obwohl es dort noch eher nach Baustelle ausschaut als nach einem warmen Heim, aber er musste aus seiner Wohnung raus und hat sich nun erst einmal notdürftig ein Zimmer fertig gemacht. Alles andere erfolgt nun nach und nach, aber es geht schnell voran und noch vor Weihnachten wird er mit allem fertig sein und das erste Weihnachten in seinem Eigenheim verbringen.

Unser inzwischen 11-jähriger Sohn B. hat nach den Sommerferien die Schule gewechselt und geht nun in die 5. Klasse eines Gymnasiums. Hier haben sich nun neue Baustellen aufgetan, an deren Lösung ich immer noch arbeite und hoffe, das auch die Schule so langsam mitwirkt und wir hier auf einen guten Nenner kommen. (Dazu wird es noch einen separaten Beitrag geben, sobald ich für diese Baustelle ein Grundgerüst erstellt habe).

Mein Mann ist immer noch krankgeschrieben. Nach der OP war er zwischenzeitlich zweimal auf Reha und nun geht es zuhause weiter mit Krankengymnastik und Muskelaufbau. Dazu fahre ich ihn nun 5x die Woche zur Therapie. Wir sind immer noch sehr optimistisch, das mein Mann im nächsten Jahr wieder in seinen Beruf zurückkehren kann, auch wenn uns niemand in dieser Richtung wirklich Hoffnung machen kann. Das Schultergelenk, welches meinem Mann eingesetzt wurde, gibt es noch nicht allzu lange, so dass den Ärzten noch die Erfahrung damit fehlt und alle bisherigen Patienten mit dieser Prothese entweder bereits im Rentenalter waren oder aber anschließend nicht wieder vor hatten, ins Berufsleben zurückzukehren. In diesem Sinne ist mein Mann gleichzeitig auch noch „Versuchskaninchen“, ob man mit diesem Schultergelenk, welches bis zum heutigen Stand bisher bei 3000 Patienten eingesetzt wurde, den Alltagstest besteht. Es wird noch ein langer Weg sein, bevor wir überhaupt an Eingliederung denken können, aber wir bemerken die täglichen Fortschritte und arbeiten daran.

Ich musste natürlich in dieser für uns alle doch sehr nervenaufreibenden und anstrengenden Zeit am meisten zurückstecken, aber damit habe ich überhaupt keine Probleme. Ich bin durchgehend beschäftigt und solange es sich bei mir um positiven Stress handelt, kann ich diesen sehr gut verarbeiten.
Mein Kleingewerbe musste sehr stark reduziert werden, aber in dieser Zeit kann ich wieder neue Ideen sammeln und irgendwann wieder richtig durchstarten. Derzeit versuche ich es mit kleinen Aufträgen weiter zu betreiben, aber zeitlich gesehen, komme ich nicht dazu, neue Ideen umzusetzen oder an Veranstaltungen mit einem Verkaufsstand teilzunehmen. Aber ab 2016 wird es wieder neu durchgestartet.

Neben meinen familiären Baustellen organisiere ich gerade noch zwei Veranstaltungen, eine erfolgt bereits jetzt im November und diesem Projekt widme ich gerade jede freie Minute, die mir zur Verfügung steht. Ich freue mich schon sehr auf diese Lesung und weiß, das sich dafür die ganze Arbeit lohnen wird. Ebenso wie für mein Großprojekt im April nächsten Jahres, wenn es wieder einen 2. Autismustag geben wird, den ich mit meiner SHG organisiere und die Planungen bereits auf Hochtouren laufen. Aber all dies ist, wie bereits erwähnt, positiver Stress und bietet mir gleichzeitig etwas Ausgleich zu meinen alltäglichen Arbeiten für Familie und Haushalt, die ich meistens alleine bewältigen muss.

Negativen Stress hatte ich in den letzten 7 Wochen nur aufgrund unserer derzeitigen Schulproblematik. Hier müssen noch sehr viele Steine aus dem Weg geräumt werden, aber kämpfen gehört zu eines meiner Stärken, die ich mir in den letzten Jahren angeeignet habe und dank ganz lieber Freunde, erhalte ich hier sehr viel Unterstützung.